Fairer Kaffee aus Berlin

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Ein Interview mit Coffee Circle CEO Martin Elwert über Community.

Martin Elwert

Die Sonne geht auf, ein neuer Tag beginnt und in Millionen Küchen auf der Welt qualmt eine Tasse Kaffee auf dem Tisch. Das braune Pulver, das bei vielen zum Alltag gehört, ist eines der wertvollsten Rohstoffe der Erde. Weltweit verdienen circa 125 Millionen Menschen mit Kaffee ihren Lebensunterhalt. Was vielen nicht bewusst ist, dass Kaffee hauptsächlich von Kleinbäuer*innen angebaut wird. Von der milliardenschweren Kaffeeindustrie fließt jedoch nur ein Bruchteil der Einnahmen zurück an die Bäuer*innen. Um genau zu sein erhalten sie für einen drei Euro teuren Kaffee im Durchschnitt nur 3 Cent. Das reicht in vielen Fällen nicht einmal aus, um die Lebenshaltungskosten zu decken. Angetrieben von der Vision die Wertschöpfungskette von Kaffee neu zu denken, will die Zertifizierte B Corp Coffee Circle neue Maßstäbe für fairen Konsum setzen.

In diesem Jahr hat das deutsche Unternehmen den Award “Best of Community” erhalten, ist aber bereits seit 2016 Teil des B Corp-Movements. “Best of Community” bedeutet, dass es zu den leistungsstärksten (weltweit top 5%) B Corps im Wirkungsbereich “Community” in seiner Größenklasse gehört. Coffee Circle setzt sich nicht nur dafür ein, dass Kaffee-Bäuer*innen fair bezahlt werden, sondern arbeitet zusammen mit den Menschen vor Ort an Projekten, die das Leben in den Ursprungsländern des Kaffees verbessern. CEO Martin Elwert hat B Leader Fabian Vermum nach dem Gewinn des Awards in einer Kaffeepause ein bisschen mehr über die Anfänge des Unternehmens, das Impact Business Model und ihre Zusammenarbeit mit ihrer Community erzählt.

Fabian: Was haben deine Mitgründer Moritz, Robert und dich bewegt Kaffee zu verkaufen?

Martin: Das erste Mal, dass wir über Kaffee nachgedacht haben, war während unserer Reise nach Äthiopien. Dort haben wir Moritz’ Bruder beim Bau einer Schule unterstützt. Als wir aus Äthiopien zurückkamen, haben wir überlegt, wie wir unseren Teil leisten können. Durch unsere gesammelte Erfahrung und die geschichtsträchtige Vergangenheit von Kaffee in Äthiopien, kam uns die Idee Kaffee zu verkaufen. Von Anfang an war uns klar, dass wir möglichst ohne Zwischenhändler*innen arbeiten wollen. Gleichzeitig wollten wir der Community vor Ort etwas zurückgeben. So entstand die Idee 1€ pro Kilogramm Kaffee in die Ursprungsländer zurückzugeben.

F: Auf eurer Website sprecht ihr offen über die vielen Siegel und Zertifizierungen, die es gibt. Warum habt ihr euch entschieden dem B Corp-Movement beizutreten?

M: Grundsätzlich würde ich unterscheiden zwischen Standard-Siegeln einzelner Produkte, von denen einige auch nur Mindeststandards sind und B Corp. B Corp ist einer der wenigen Standards, der sich tiefergehend mit dem Thema soziale und ökologische Verantwortung auseinandersetzt.

F: Ihr habt den Best of The World-Preis für den Wirkungsbereich “Community” gewonnen. Wie definiert ihr eure Community?

M: Die Community sind für uns alle Leute, die mit uns zusammenarbeiten, von unseren Kund*innen bis zu unseren Partner*innen in den Ursprungsländern. Uns ist wichtig, dass wir unseren Partner*innen auf Augenhöhe begegnen und auch persönlich vor Ort sind. Unser Impact Business Model ist insofern besonders, als wir unser Produkt von da beziehen, wo wir auch wieder etwas zurückgeben. In unserem Fall geben wir 1€ pro Kilogramm Kaffee zurück an Menschen, die den Kaffee anbauen. Eigentlich mag ich dieses Wort „geben“ in dem Zusammenhang nicht, nur technisch gesehen ist es korrekt. Mir ist wichtig zu betonen, dass wir das Geld nicht einfach irgendwohin spenden, sondern versuchen es in unsere Value Chain zu integrieren. Unsere Partner*innen verdienen sich das Geld durch qualitative Produkte, was, wie ich finde, deutlich würdevoller und effektiver ist, als durch traditionelle Spenden-Modelle.

F: Welche Rolle spielen die persönlichen Beziehungen zu euren Lieferant*innen? Wie erhaltet ihr diese Beziehungen?

M: Beziehungen werden aufgebaut, indem man sie pflegt. Das bedeutet, dass man nicht nur hinfährt, wenn es etwas zu tun gibt, sondern sich kontinuierlich gegenseitig unterstützt. Sofern es möglich ist, besuchen wir unsere Partner*innen regelmäßig. Über viele Jahre hinweg sind so auch Freundschaften entstanden, die über ein reines Arbeitsverhältnis hinausgehen. Weil wir Tage und Nächte, z.T. in Zelten inmitten der Communities verbringen, ist eine besondere Verbindungen zu den Einwohner*innen entstanden. Dieses enge Verhältnis zu den Menschen hilft uns natürlich auch die lokalen Probleme zu verstehen und zusammen Projekte zu designen, die wirklich den Bedarf der Communities decken. Das Allerwichtigste für uns ist der respektvolle Umgang auf Augenhöhe mit unserer Community.

F: Wie wählt ihr eure Projekte aus, die ihr unterstützt?

M: Zuallererst sprechen wir mit unserer Community, um zu verstehen, wo wirklich Bedarf ist. Bei größeren Projekten führen wir sogar mehrwöchige Baseline-Studien durch, um den Impact des Projekts noch besser zu verstehen. Was wir vermeiden wollen, ist Abhängigkeiten zu schaffen. Als Beispiel: Wir würden eine Schule bauen und auch dafür Sorgen, dass die Regierung Lehrer*innen stellt, aber das Personal nicht selbst bezahlen. Denn wenn wir plötzlich nicht mehr in der Lage wären Geld zu geben, würde das ganze System in sich zusammenfallen. Auch wenn wir in Bezug auf unsere Projekte vieles intuitiv richtig gemacht haben, hat uns die B Corp-Zertifizierung geholfen alle Perspektiven mitzudenken. Der wahre Wert von B Corp entsteht erst, wenn man es als Managementsystem nutzt. Das heißt, besonders Firmen, die sich stetig weiterentwickeln wollen, profitieren von dem B Corp Assessment (auch “B Impact Assessment” genannt), da es hilft das Thema soziale und ökologische Verantwortung ganzheitlich anzugehen.

F: Auf welches Projekt seid ihr besonders stolz?

M: Das schönste Projekt war die erste Schule, die wir gebaut haben. Neben allen anderen wichtigen Themen ist Bildung für mich ein Herzensthema. Außerdem haben wir damals eine unglaubliche Unterstützung durch unsere Kooperationspartner*innen bekommen. Wir hatten Probleme mit der Regierung, da wir keine angemeldete NGO waren. Deshalb sind unsere Geldtransfers, die gebraucht wurden, um Material zu kaufen, nicht angekommen. Damit das Projekt trotzdem weitergehen konnte, hat der Schulleiter von tausenden Menschen kleinste Geldsummen eingesammelt. Die Community hat uns also das Geld vorgestreckt, bis wir ihnen das Geld zurückgeben konnten. Die Schule steht immer noch und das Projekt ist bis heute ein großer Erfolg. So etwas ist nur möglich, weil wir so eine enge Beziehung zu den Menschen aufgebaut haben.

F: Wie hilft euch B Corp bei eurer Suche nach internationalen Partner*innen?

M: Was uns am meisten hilft ist die globale Community von B Corp. Besonders bei der Auswahl von neuen Partner*innen erleichtert sie uns das Leben. Wir arbeiten zum Beispiel mit Daterra, einer B Corp-zertifizierten Farm in Südamerika, zusammen. Weil sie auch Teil der B Corp Community ist, wussten wir von Anfang an, dass wir ein ähnliches Verständnis von unternehmerischer Verantwortung haben. Mit dieser Grundlage konnten wir ein erfolgreiches Arbeitsverhältnis starten, welches bis heute hält.

F: Wenn du Coffee Circle mit der Reise einer Kaffeebohne vergleichen müsstest, an welcher Stelle befindet ihr euch gerade und wo geht die Reise hin?

M: (Lacht) Ich glaube wir sind schon gepflückt, aber ich weiß nicht, ob wir schon aufbereitet wurden. Verschifft wurden wir definitiv noch nicht. Ich denke wir befinden uns immer noch bei der Aufbewahrung im Ursprungsland.

Sympatex: Collaboration and Innovation in the Circular Economy

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“Unser primärer Strategiefokus ist auf Nachhaltigkeit ausgerichtet und dieses Ziel ist sogar höher gewichtet als kurzfristige finanzielle Vorteile”

Sympatex wurde in diesem Jahr zum zweiten Mal in der Kategorie Umwelt als “Best for the World” ausgezeichnet. Wir stellen Rüdiger Fox, CEO bei Sympatex, 5 Fragen dazu und erfahren u.a. warum Wettbewerb nicht mehr funktionieren kann und warum es eine gute Idee war, das Unternehmen 2016 für einen Tag zu schließen.

 

Was hat aus Deiner Sicht zu dieser Auszeichnung geführt? Was repräsentiert die hohe Punktzahl in der Kategorie?

Wir haben bei Sympatex das Thema Nachhaltigkeit als Unternehmensziel festgelegt. Wir stehen dafür ein, dass jedes Unternehmen seine Ziele in einem größeren sozial-ökonomischen System in dieser komplexen Welt betrachten muss. Insofern ist unser primärer Strategiefokus auf Nachhaltigkeit ausgerichtet und dieses Ziel ist sogar höher gewichtet als kurzfristige finanzielle Vorteile.

 

Ihr habt in der Kategorie zudem mehrere Impact Business Models. Kannst Du kurz beschreiben, was diese bedeuten und ausmachen?

Wir haben festgestellt, dass wir als Anbieter einer Polyestermembran das fehlende Element in der Textilindustrie im Bereich Kreislauftextilien sind. Polyester macht 80% der Synthetik-Materialien unserer Industrie aus.

Wir können Produkte über unsere Monomaterial-Strategie schon so vorbereiten, dass sie am Ende ihres Lebens einfach recycled werden können. Und das war auch der Kern sämtlicher Innovationsthemen und Entwicklungsprojekte der letzten Jahre. Wir geben unseren Kunden dadurch die Möglichkeit sich heute schon auf die Kreislaufwirtschaft einzustellen.

 

Welchen konkreten Impact habt ihr mit den Maßnahmen in dieser Kategorie erreichen können? Worauf seid ihr besonders stolz?

Wir haben bereits 2016 ein Konsortium gegründet, deren Mitglieder die Kreislaufwirtschaft in der Textilindustrie repräsentieren – Wear2Wear. Alle Partner haben über fünf Jahre daran gearbeitet, dass Kreislaufwirtschaft bereits heute in der Textilindustrie möglich ist.

Wir haben letztes Jahr auf der ISPO in München eine Jacke vorgestellt, auf die wir ganz besonders stolz sind: Eine komplett aus Alttextilien hergestellte Jacke. Wir haben damit den Beweis geführt, dass Kreislaufwirtschaft möglich ist. Wir haben eine Referenz geschaffen, an der sich die neue EU Gesetzgebung orientieren kann. Es ist somit keine Theorie mehr, sondern fassbare Realität.

 

Ohne wen wäre die Auszeichnung nicht möglich gewesen?

Ich glaube die Strategie konnte nur Realität werden, weil sie von allen Mitarbeitern gemeinsam ermöglicht wurde und damit Leitgedanke für alle Aktivitäten in allen Bereichen ist.

Es wurde nichts von oben nach unten gesteuert, sondern jegliche Veränderung konnte von unten nach oben in der Organisation wachsen und somit können sich auch alle mit den Ergebnissen identifizieren. Und dabei war entscheidend, dass wir 2016 als Kernstrategie „We are closing the loop, together“ gemeinsam mit allen Mitarbeitern entwickelt haben.

Dafür haben wir damals das Unternehmen für einen Tag geschlossen und gemeinsam das Fundament erarbeitet. Hätten wir das nicht gemacht, wäre es vermutlich fragmentarisch geworden oder nur ein bisschen Greenwashing. So ist es tatsächlich eine Realität, die in alle Bereiche des Unternehmens automatisch einfließt. Jeder versucht, schon fast auf eine natürliche Art und Weise, das Unternehmen jeden Tag ein Stückchen mehr in die Richtung zu bringen, in die sich unsere Industrie ganzheitlich hin entwickeln muss.

 

Abschließend, was sind 3 Wörter, die für Dich die B Corp-Bewegung ausmachen?

 Mut.

… weil diejenigen, die sich der Bewegung anschließen, nicht nur die sind, die erkannt haben, dass sich Dinge ändern müssen, sondern auch den Mut haben, entgegen von Widerständen und Kritik, sie auch tatsächlich umzusetzen.

 

Realistisch.

…weil es tatsächlich durch die Umsetzung in den Unternehmen nicht eine Moraltheorie ist! In Realität beweist jedes B Corp-Unternehmen jeden Tag neu, dass eine andere Form des Wirtschaftens auch ein Erfolgsmodell ist. Dabei widersprechen Nachhaltigkeit und soziale Verträglichkeit in keinem Fall wirtschaftlichem Erfolg – beides kann im Gleichklang laufen.

 

Kollaborativ.

…weil jeder, der sich mit der Kreislaufwirtschaft auseinandersetzt feststellen wird, dass in einem Wirtschaftssystem, bei dem jeder gleichzeitig Kunde und Lieferant ist, Wettbewerb gar nicht mehr funktionieren kann. Und insofern ist B Corp der Upgrade dessen, was Wirtschaft bedeuten kann und daher ein Beispiel dafür, wie die Zukunft aussehen wird.

 

Über Sympatex

Als einer der weltweit führenden Anbieter ist Sympatex® seit 1986 Synonym für Hightech-Funktionsmaterialien in Bekleidung, Schuhen, Accessoires und technischen Anwendungsbereichen. Sympatex entwickelt, produziert und vertreibt gemeinsam mit ausgewählten Partnern weltweit Membrane, Laminate und Funktionstextilien sowie Fertigfabrikate. Die Technologien und Prozesse basieren auf dem Prinzip von ökologischer Verantwortung und Nachhaltigkeit unter besonderer Berücksichtigung eines minimierten Carbon Footprints. Sympatex ist weltweit mit Verkaufsbüros und Niederlassungen vertreten.

Mehr Informationen auf www.sympatex.com

Über “Best for the World™

Jedes Jahr zeichnet B Lab die leistungsstärksten B Corps aus. “Best for the World” lautet die Auszeichnung für ein B Corp-zertifiziertes Unternehmen, wenn es in einem der fünf Wirkungsbereiche – Gemeinschaft, Kunden, Umwelt, Unternehmensführung und Mitarbeitende – zu den weltweit besten 5 % in ihrer jeweiligen Größengruppe gehören. Diese Unternehmen beweisen, dass sie erfolgreich die drei Säulen der Nachhaltigkeit integriert haben und als “die Besten für die Welt” eine Vorreiterrolle in einer Bewegung einnehmen, die die Transformation der Wirtschaft zu einer einer Stakeholder-orientierten und inklusiven Wirtschaft vorantreibt.

Dieses Interview erschien zuvor auf Karry Schwettmann’s Blog